Warum du NIEMALS auf ein Glossing nach einer Strähnenbehandlung verzichten solltest!

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist es, dass Friseure ein Glossing nach der Aufhellung, Balayage, Strähnen und Co verwenden, um Fehler durch Auftragen oder falsche Farbe zu korrigieren.

Das ist vollkommener Blödsinn! Ich möchte dir gern in diesem Beitrag erklären warum.

Woher kommt unsere natürliche Haarfarbe?

Wir werden mit einer genetisch vorbestimmten Haarfarbe geboren. Welche Farbvariante das ist, entscheiden die eingelagerten Pigmente, die Melanine, die wir aus dem Genpool unserer Vorfahren vererbt bekommen. Es gibt zwei Arten von natürlichen Farbpigmenten: Eumelanin – ein Schwarz-Braun-Pigment und Phäomelanin – ein Rot-Pigment. Je nach Menge und Zusammensetzung dieser Melanine entsteht unsere individuelle Haarfarbe. Recht vereinfacht bedeutet das, je mehr Eumelanin, desto dunkler das Haar, je mehr Phäomelanin, desto wärmer die Nuancierung. Es kommt also, wie so oft im Leben, auf die Mischung an.

Die ‚richtige‘ Mischung entscheidet auch über die persönliche Zufriedenheit beim Blick auf unsere Haarfarbe. Über die vielen Jahre, die ich als Friseurin tätig bin, könnte ich locker Statistiken zu den Farbwünschen und Vorlieben von all den Menschen, die auf meinem Friseurstuhl gesessen haben, erfassen, allerdings bin ich absolut kein Zahlenmensch und deswegen lasse ich es und verlasse mich lieber aufs Gefühl. Dieses sagt mir, Trends kommen und gehen; während bis vor zehn Jahren unheimlich kreativ, bunt und plakativ gefärbt wurde, führt der Weg zu einer immer ausgeprägteren Natürlichkeit. Die Haarfarben sollen immer mehr den Anschein erwecken, vom bloßen Sonnenkuss kreiert zu sein. Sogar der altersbedingten Entwicklung der Haarfarbe wird wieder mehr Raum gegeben, selbst nichtpigmentierte Haare dürfen mittlerweile oft ihr Dasein genießen. Egal, welcher Trend sich gerade großer Beliebtheit erfreut, eine Tendenz ist meist klar erkennbar: Je heller das Haar, desto kühler die gewünschte Farbnuancierung.

Nuancierung nach Strähnchen und Hellerfärbung

Vor allem bei Blondinen ist einmal mehr ein kühleres Blond erwünscht als ein Goldton, so dass mich häufig folgende Aussagen und Wünsche erreichen: ‚Die Haare sind viel zu gelb.‘, oder ‚Ich möchte gern ein kühles Beigeblond.‘ Aber auch Brünette schauen manchmal unzufrieden in den Spiegel oder auf Fotos von sich selbst und kommen zu dem Schluss: ‚Ich mag den Rotschimmer gar nicht.‘
Diese und viele andere Sätze höre ich immer wieder und ich kann dich beruhigen: Es gibt Abhilfe, und die hat viele Namen. Abhängig davon, welche Firma die Farbprodukte herstellt, gibt es eine passende Bezeichnung dazu. Da kann zum Beispiel vom Glazing, der Farbveredelung, dem Milkshake oder der Abmattierung die Rede sein. Ich nenne es Glossing, da ich mit den Haarfarben von L’Oréal arbeite und es dort so genannt wird. Am Ende haben diese Behandlungen aber alle dasselbe Ziel, die Nuancierung der Haarfarbe zu verfeinern.

Was passiert beim Aufhellen?

Ich werde den chemischen Prozess recht kurz gefasst anhand der Blondierung erklären, da diese bei Balayage, Strähnen & Co am häufigsten angewendet wird und ich dich nicht mit zu viel chemischen Ausführungen langweilen möchte.

Das Blondierpulver wird mit Wasserstoffperoxid angemischt. Dieses wird in Konzentration von 1,9% bis höchstens 12% ausgewählt. Dabei gilt: Je höher die Konzentration, desto höher der Aufhellungsgrad. Die alkalische Eigenschaft der Blondierung führt dazu, dass das Haar quillt und somit die äußerste Schicht der Haare, die Schuppenschicht, geöffnet wird. Dadurch kann das Oxidationsmittel in das Haar eindringen und die natürliche Farbpigmentierung, die Melanine, abbauen. Sie werden quasi dauerhaft zerstört. Die Schwarz-Braun-Pigmente lassen sich dabei leichter auflösen als die Rot-Pigmente und eine hundertprozentige Beseitigung der Naturpigmente ist nahezu unmöglich. Das wiederum führt nun dazu, dass oft ein unschöner Orange- oder Gelbton im Haar verbleibt. Das ist vollkommen normal und – da bin ich absolut bei euch – nicht schön.
Eine Blondierung enthält im Gegensatz zur Heller-Färbung keine Farbpigmente! Es kann also gar nicht ausgewählt werden, wie das Haar am Ende nuanciert sein soll. Wie schon oben erwähnt, lediglich der Grad der Aufhellung wird mit der Produktwahl bestimmt. Um trotzdem ein fantastisches Farbergebnis zu erhalten, neutralisiert man mit Softtönungen im gewünschten Farbton, in meinem Fall mit dem bereits erwähnten Glossing.

In dem Farbprodukt, das angemischt wird, befinden sich direktziehende Farbstoffe, auch Fertigfarbstoffe genannt. Diese lagern sich außen an der Schuppenschicht an und verleihen dem Haar die gewünschte Haarfarbe. Welche Nuance angewendet wird, entscheidet sich nach dem Ergebnis der Aufhellung. Die Neutralisation wird mit der Gegenfarbe und der Wunschnuance erzielt. So werden zum Beispiel bei gelbstichigem Haar violette Nuancen ausgewählt, da Violett die Komplementärfarbe zu Gelb darstellt.
Das Ganze ist also keine Korrektur, sondern unerlässlich und Teil einer professionellen Farbbehandlung!

Natürlich funktioniert das nicht nur in die kühle Richtung. Denken wir an den Trend von erdbeerblondem Haar. Auch Rosè, leichtes Gold oder intensives Kupfer können als Glossing angemischt werden. Die Möglichkeiten sind wahnsinnig breit gefächert. Beim Friseur deines Vertrauens wirst du sicher gut und professionell dazu beraten.

Die Kraft der Sonne – Warum auch Naturhaarfarben durchaus ein Glossing vertragen können

Nicht zu unterschätzen ist neben der künstlichen Hellerfärbung aber auch die Auswirkung von Sonnenstrahlung auf das Haar. Das UV-Licht der Sonne ist so stark energiegeladen, dass es in der Lage ist, die Pigmente im Haar direkt zerstören. Das führt dazu, dass auch die Naturhaarfarbe, vor allem in den Sommermonaten, natürlich bleicht, also heller wird. Wer kennt nicht das helle Surfer- oder Beachblond. Nasse Haare neigen übrigens noch stärker zum Aufhellen, da bei Sonneneinstrahlung dann besonders viel Wasserstoffperoxid entsteht. Auch graue oder weiße Haare, von mir immer liebevoll nichtpigmentiertes Haar genannt, enthalten in der Regel noch einen kleinen Anteil an Melaninen, die unter der Kraft der Sonne aufhellen. Leider entsteht in beiden Fällen häufig derselbe Effekt wie bei der Hellerfärbung – ein unerwünschter Orange- oder Gelbton. Und auch hier ist es sinnvoll mit einem Glossing die Haarfarbe zu neutralisieren.

Wie lange habe ich etwas von meinem Glossing?

In der Regel hält die Lieblingsnuance zwei bis zehn Haarwäschen. Je nachdem wie oft man seine Haare wäscht, kann die Freude daran von unterschiedlicher Dauer sein. Meinen Kundinnen empfehle ich zwischendurch mit einem pigmentierten Shampoo zu waschen oder eine Pflege mit Fertigfarbstoffen anzuwenden, da diese die Haltbarkeit des Glossings durchaus verlängern können.

Das berühmteste dieser Produkte ist das Silbershampoo. Mit dem Silbershampoo sollte man sparsam umgehen, denn bei dauerhafter Anwendung können die darin enthaltenen Pigmente überhand nehmen und dem Haar nach einer Weile einen leichten Lilaschimmer verleihen. Ich empfehle daher häufig die Anwendung bei jeder dritten oder vierten Haarwäsche. An diesem Beispiel wird einmal mehr deutlich, dass die individuelle Beratung vom Friseur hilfreich ist.

Sollte das Farbergebnis über einen mehrwöchigen Zeitraum langsam unschön werden, wäre es ratsam, dass beim nächsten Spitzenhaarschnitt einfach zusätzlich ein auffrischendes Glossing machen zu lassen. 15 Minuten Plus auf die Schnittbehandlung und alles ist wieder wunderbar. Ein regelmäßiger Schnitt der Spitzen ist ja sowieso unabdingbar, doch dazu mehr in einem zukünftigen Artikel.

Ich hoffe, ich konnte das Thema Farbnuancierung verständlich und kurzweilig erklären. Hat es dir gefallen und/oder sind noch Fragen offen? Welche Erfahrungen hast du mit Farbveredelungen gemacht? Hinterlasse gern eine Nachricht in der Kommentarfunktion.

4 Kommentare zu „Warum du NIEMALS auf ein Glossing nach einer Strähnenbehandlung verzichten solltest!“

  1. Vielen Dank für die wertvollen Erklärungen und Erläuterungen der Hintergründe! Eine Frage zu dieser Thematik lässt mich aber nicht in Ruhe und bisher habe ich nirgends Informationen hierzu gefunden: warum war es früher (vor ca. 10-15 Jahren) auch ohne Glossing möglich (rein mit einer zum Beispiel 6 % Blondierung), ein schönes sattes, helles und kühles Blond zu kreieren? Haben sich die chemischen Zusammensetzungen der gängigen Blondierungen verändert? Ich lasse seit ca. 20 Jahren eine Haare mittels Strähnen blondieren und bis vor einigen Jahren war das Thema Glossing gar nicht existent. (Zumindest nicht bei mir.) Falls du hierzu eine Antwort hast, würde es mich riesig freuen und ich brenne für eine Antwort hierzu. ((:

    Liebe Grüsse aus der Schweiz
    Elena

    1. Ich freue mich, liebe Elena, dass mein Artikel Anklang bei dir gefunden hat:)

      Deine Frage kann ich natürlich nur aus meiner persönlichen Sicht beantworten.
      Es stimmt, dass auch früher kühle Blondtöne gefärbt wurden. Aufgrund von permanenter Entwicklung an den Haarfärbemitteln und Aufhellern hat sich durchaus viel in der Zusammensetzung der Produkte verändert.
      Sie sind schonender für’s Haar geworden. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass die Aufhellung durch aggressivere Blondiermittel wenige Nuancen mehr Helligkeit erzielt werden konnte, allerdings sind die heute am Markt erhältlichen Produkte auch sehr wirksam.
      Ich würde eher sagen, man geht heute offener an den kompletten Ablauf einer Farbbedienung, die Kommunikation hat sich verändert.
      Auch früher haben wir Friseure abmattiert. Egal ob Silbershampoo, Tonspülungen oder auch aschigen Haarfarben, ich habe schon vor 25 Jahren gelernt, unschöne Gelbstiche zu ‚beseitigen‘, oft eben still am Rückwärtswaschbecken.
      Die Bezeichnung ‚Glossing‘ gibt es für das Abmattierungsverfahren seit etwa zehn Jahren am Markt, dem Kind wurde sozusagen ein Name gegeben. Mittlerweile hat man eigens dafür Produkte entwickelt, die einfach noch gezieltere Nuancierungen schaffen können. Mir als Friseurin erleichtert es die Arbeit, denn bin in der Lage, einen Farbton zu 100% zu treffen.

      Gruß in die Schweiz!

  2. Danke für den informativen Artikel 😊
    Durch deine professionelle Beratung fühle ich mich immer gut bei dir aufgehoben und bin immer sehr zufrieden.
    Und höchstwahrscheinlich hast du mich auch vor einigen Fehlentscheidung bewahrt 😄
    Vielleicht hast du noch einige Empfehlungen bezüglich Silber – und pigmentierte Shampoos?!
    LG,Karin

    1. Danke liebe Karin, ich freue mich über dein Feedback!
      Was Produktempfehlungen betrifft, bin ich ausschließlich auf der salonexklusiven Ebene unterwegs, da ich grundsätzlich nur damit arbeite. Alles andere würde auf Hören-Sagen, aber definitiv nicht auf Wissen basieren.
      Mein Silbershampoo von L’OREAL Professionell -SILVER- kann ich absolut empfehlen.
      Wer lieber in der Drogerie kauft: einfach durchtesten. Von mir gibt es dazu leider keine spezielle Produktempfehlung. Dafür aber folgenden Rat: Je dunkler und intensiver die Nuancierung des Shampoos ist, desto intensiver wirkt in der Regel die Neutralisation. Ich würde hier immer ein recht intensives Shampoo aussuchen (einfach mal den Deckel der Flasche öffnen und nachschauen. Vorsicht! Nicht zu fest drücken, sonst landet es auf der Nase;). Das Abmattieren kann man dann gut über die Häufigkeit der Anwendung dosieren. Heißt: wenn du merkst, dass dein Haar nach einigen Anwendungen einen relativ kühlen Ton annimmt, mach für ein paar Haarwäschen Pause und benutze dein normales Pflegeshampoo. Schau dir dein Haar vor einer Haarwäsche immer bei TAGESLICHT an. Ist es zu gelb/orange/warm, dann Silbershampoo verwenden. Ist es super wie es ist, greife zum Shampoo ohne Pigment.
      Eins noch zum Abschluss, je intensiver das Silbershampoo ist, desto hilfreicher kann es sein, Handschuhe für die Haarwäsche anzuziehen. Die direktziehenden Farbstoffe setzen sich nämlich nicht nur gern an die Haare, sondern auch auf die Haut. Gerade im Winter, wenn die Hände sehr trocken sind, kann eine unschöne Färbung entstehen. Geht mit ein paar Wascheinheiten wieder weg, aber kann durch Handschuhe vermieden werden:)

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