Im Zuge meiner Recherchen für unsere Nordlandreise, begegneten mir immer wieder die Namen zweier Felsformationen, die man unbedingt erwandern sollte. Zugegeben, der Preikestolen und auch der Trolltunga sind wirklich spektakuläre Launen der Natur und sicher eine Besteigung wert. Leider stolperte ich aber auch immer wieder über die Besucherzahlen, die sie in den letzten Jahren erlangt hatten.
Mein größter Wunsch für unsere Reise war doch die Ruhe und Abgeschiedenheit der Natur zu genießen und so suchte ich nach anderen Möglichkeiten, einen spektakulären Blick auf die atemberaubende Fjordlandschaften zu werfen. Und: Ich bin tatsächlich fündig geworden.

Eine anspruchsvolle Wanderung hinauf auf den Borestein, die wir hoffentlich als nicht allzu erfahrene Wanderer schaffen würden, sollte uns einen erhabenen Panoramablick auf den 42km langen Lustrafjord, einen Seitenarm des Sognefjord, bescheren.
Die Wetterprognosen waren nicht ganz perfekt. Nachdem wir eine Woche lang mit tollstem Sommerwetter verwöhnt worden waren, hatte sich nun für den Tag unseres Aufstieges leichter Nieselregen, ab dem frühen Nachmittag starker Regen angekündigt.
Da wir allerdings von unserem Reiseplan nicht gänzlich abweichen wollten, beschlossen wir, die Wanderung trotzdem zu machen, was sich am Ende des Tages als die beste Entscheidung überhaupt herausstellte.
Drei Stunden sollte die Besteigung von der Gemeinde Luster unten am Fjord dauern. Also reisten wir schon am Vorabend an. Wir haben uns sieben Kilometer südlich vom Startpunkt der Wanderung einen Stellplatz bei Viki Fjordcamping gesucht, einem winzigen Campingplatz direkt am Fjord mit direktem Blick auf den Feigefossen Wasserfall.

Am nächsten Morgen klingelt der Wecker um sechs Uhr und wir fahren zum Parkplatz des Pflegeheims in Luster, von wo aus wir bei 7Grad, leichter Bewölkung, aber trockenem Wetter starten.
Das erste Drittel führt entlang einer Schotterstraße in Serpentinen hinauf zu einem Bergbauernhof. Bereits auf diesem Teil sind wir erleichtert über das Wetter, denn schon hier schaffen wir einige der insgesamt knapp tausend Höhenmeter und wir legen die ersten Schichten Kleidung ab.

Wir werden an der ein oder anderen Stelle mit herrlichen Ausblicken überrascht. Die Häuser im Tal erscheinen immer mehr wie das Panorama einer Modelleisenbahn.

Plötzlich erklingt leises Geläut von Glöckchen und wir ahnen, dass wir uns dem Hof Berge nähern. Tatsächlich empfängt uns eine wunderschöne Alm mit alten Hofgebäuden und einer großen Schafherde mit viele süßen Lämmchen, die uns neugierig aus der Ferne betrachten.

Wir überqueren die Bergwiese und finden hinter einer Holzpforte den Wegweiser zum Borestein. Von da an geht es sehr steil einen kleinen Pfad durch den Wald hinauf. Schnell spüren wir unsere Muskulatur in Beinen und Po und werden daran erinnert, dass wir nicht die superfitten Sportskanonen sind.

Nach einem weiteren Drittel der Wegstrecke erreichen wir eine kleine Hütte im Wald. Von dort aus bietet sich bereits ein beeindruckender Blick auf die umliegenden Berge mit vielen Wasserfällen und den Fjord.

Dahinter ändert sich die Landschaft zunehmend. Der Boden wird felsiger, der Bewuchs karger. Unheimlich steil bleibt es bis nach oben. Wir überqueren mehrere kleine Wasserläufe und passieren einen tosenden Wasserfall.
Nun ist auch mehr Vorsicht geboten, denn die Steine sind teilweise recht nass und rutschig. An mehreren Stellen nehmen wir den Hund jetzt in unsere Mitte, um seine Sicherheit zu gewährleisten, da er nicht wie wir die Möglichkeit hat, sich an Ästen oder Felsspalten festzuhalten, um nach oben zu klettern. Er macht alles mit einem Urvertrauen in uns mit, was mich immer wieder freut und berührt. Dennoch frage ich mich mehr als einmal wie wir je wieder da runterkommen sollen.
Die letzten Höhenmeter bringen wir unter argen Schmerzen in den Oberschenkeln aber mit größter Motivation und Vorfreude auf die Aussicht hinter uns. Und schließlich erreichen wir ein kleines Plateau mit einem Felsvorsprung, der wie eine Kompassnadel zum Lusterfjord hinausragt.
Nach drei Stunden haben wir es geschafft. Und sind restlos begeistert. Vor uns ein atemberaubender Blick auf den Fjord. Majestätisch ragen zu beiden Seiten des Wassers die gewaltigen Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln in die Höhe. Am Fuße des Borestein ist das Dörfchen Luster zu sehen.

Der wolkenverhangene Himmel und immer wieder leichter Nieselregen verleihen der Szene einen mystischen Zauber, von dem wir uns lange nicht lösen können.

Wir finden ein kleines Gipfelbuch und stellen fest, dass am Vortag ein anderes Paar aus Deutschland hier gewesen ist. Unsere Überraschung ist groß, scheint doch der Gipfel zu dieser Jahreszeit sehr wenig frequentiert. Wir zumindest haben niemanden getroffen, konnten aber umso mehr die herrliche Einsamkeit der Natur genießen.
Nachdem auch wir unsere Namen hinterlassen haben, machen wir uns an den Abstieg, denn es nieselt immer noch leicht. Auch dieser klappt mit Elvis wieder fantastisch und wir kommen die Felsen besser hinuntergeklettert als gedacht.
An der Hütte unter einem kleinen Vordach machen wir es uns auf der Bank mit Aussicht bequem, verzehren wir unsere mitgebrachte Vesper und ruhen etwas aus. Elvis freut sich doch sehr über ein halbes Stündchen Schlaf.
Dann geht es an den endgültigen Abstieg. Nach sechseinhalb Stunden sind wir zurück am Camper. Völlig erschöpft, aber absolut beseelt von dem, was wir geschafft und vor allem gesehen haben. Dieser Tag wird uns sicher in großartiger Erinnerung bleiben!

Wunderbar und sehr toll beschrieben. Ich mag sehr deine Fotos liebe Sylvia. Sie zeigen genau das, was du auch beschreibst. Mystisch, einfach traumhaft. Bemerkenswert, wie Elvis es hinbekommen hat, so eine Tour zu meistern – aber auch ihr! 👍
Vielen Dank, Heidrun. Die Stimmung dieses herrlichen Tages war wirklich besonders. Und auf Elvis sind wir einfach mega stolz!